Ein Lied aus der Vergangenheit - Forna, A: Lied aus der Vergangenheit by Forna Aminatta

Ein Lied aus der Vergangenheit - Forna, A: Lied aus der Vergangenheit by Forna Aminatta

Autor:Forna, Aminatta
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2012-03-15T04:00:00+00:00


26

Meine erste Reaktion nach meiner Entlassung war, mich von den Gerüchen jenes widerlichen Ortes zu befreien. Ich duschte zwei Mal, dann rasierte ich mich. Später rief ich Saffia an und verabredete mich mit ihr. Sie war dünner geworden, die Haut unter ihren Augen geschwollen und dunkel, einzelne Haare hatten sich aus ihren Zöpfen gelöst. Sie umarmte mich und blieb ein paar Sekunden lang so, die Stirn gegen meine Schulter gedrückt. Ich wurde mir ihrer körperlichen Nähe übermächtig bewusst. Natürlich bedeutete es für sie eine Erleichterung zu wissen, wo Julius festgehalten wurde – wenn auch nicht, warum. Bei der Schilderung meiner Zeit in polizeilichem Gewahrsam unterließ ich es, den Besuch des Dekans zu erwähnen. Ich weiß selbst nicht genau, warum. Vermutlich hatte ich das Gefühl, dass es die Sache nur unnötig kompliziert gemacht hätte.

Am Montag begab sich Saffia sofort zum Gebäude, in dem Johnson arbeitete. Anschließend rief sie mich an. Johnson hatte sie in seiner gewohnten Hartleibigkeit zwei Stunden lang warten lassen und ihr dann eine Anzahl Formulare zum Ausfüllen hinuntergeschickt. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als sich zu fügen. Als sie mit den Formularen zurückkam, versprach er, sie zu bearbeiten. Es könnte ein paar Tage in Anspruch nehmen.

»Ein paar Tage!« Ich hörte ihrer Stimme an, wie nah sie den Tränen war.

»Soll ich vorbeikommen?«, fragte ich.

Sie sagte, sie würde sich gleich zu Bett legen.

Währenddessen hatte ich meine eigenen Probleme. Als ich an dem Vormittag Brot kaufen gegangen war, war mir ein Mann aufgefallen, der am Straßenrand stand. Ich hätte mir nichts weiter dabei gedacht, doch als ich später aus der Bäckerei wieder herauskam, sah ich ihn noch einmal, auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich verlangsamte meinen Schritt, nur um zu sehen, was weiter passierte. Ich bemerkte, dass er ein freies Taxi vorbeifahren ließ. Als ich meine Haustür erreichte, stand er immer noch da. Später schaute ich hinunter auf die Straße. Nichts mehr von ihm zu sehen. Dafür stand ein anderer Mann beim Zigarettenkiosk. Er kehrte mir den Rücken zu, doch als er sich umdrehte, hätte ich schwören können, dass er aufschaute und einen Blick zu meinem Fenster heraufwarf.

Während dieses ganzen beklemmenden Tages blieb ich in meiner Wohnung und suchte Trost und Zerstreuung in meinen Papieren, doch zu lesen gelang mir nicht. Stattdessen rauchte ich und ging im Zimmer auf und ab, stellte nervös hier, dann da etwas um. Man hätte annehmen können, dass ich nach zwei schlaflosen Nächten erschöpft wäre. Und das war ich auch. Erschöpft und dennoch unfähig zu ruhen. Das Gehämmer eines Arbeiters vor meinem Fenster zerrte an meinen Nerven. Bestrebt, die Selbstkontrolle zurückzugewinnen und meine Gedanken in eine gewisse Ordnung zu bringen, schrieb ich alles auf, was geschehen war. Es half, wie so oft, den Vorfall schwarz auf weiß zu sehen.

Ich ging spät zu Bett, schlief unruhig und beschloss, sobald ich aufgewacht war, keinen weiteren Tag wie den vergangenen zu erdulden. Ich verließ das Haus und winkte einen poda poda heran. Als wir losfuhren, schaute ich aus dem Fenster, ob etwas Verdächtiges zu sehen war. Ich wechselte zwei Mal das Fahrzeug und erreichte die Universität am späteren Vormittag.



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